Gemeindeentwicklung
Die vier Dolomitenpässe rund um den Sellastock sind schon sehr lange wichtige Verbindungen zwischen den Talschaften Grödner Tal, Gardertal, Fassatal sowie nach Arabba und Cortina d’Ampezzo.
Der rege (Handels)austausch zeigt sich auch in der Entwicklung der (Dolomiten)ladinischen Sprachinsel mit fünf ladinischsprachigen Tälern rund um dieser 4 Dolomitenpässe, die als „Sellaladinisch“ zusammengefasst wird.
Die Verbindung der Täler und Ortschaften, die am Anfang zu Fuß oder mit Tragetieren bewältigt wurde, wurde Mitte des 19. Jahrhunderts als Straße ausgebaut und hat sich inzwischen zu einer Passstraße entwickelt.
Commune di Selva di Val Gardena / Gemeinde Wolkenstein in Gröden
FXA & QNA, Elisabeth an der Lan, Clemens Steininger, Valentina Mena, Christoph Wanner, Martina Mikocziova
2015
Mit der zunehmenden Motorisierung einerseits und dem wirtschaftlichen Aufschwung andererseits, der zusammen mit dem Bau der Aufstiegshilfen den Massentourismus erst ermöglichte, wurden die Passstraße wichtige Zubringerrouten zu den Wintersportorten. Mit der zunehmender Erschließung der Dolomiten als Schi- und Wanderparadies, die durch die Ostöffnung 1989 und der erhöhten Wichtigkeit der Sommersaison einen neuerlichen Zuwachs bekamen, ist die Straße in der Hauptsaison im Sommer an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen bzw. hat diese bereits überschritten. Die Ausweisung der Dolomiten Welterbestätten rund um den Sellastock hat das Besucherpotential noch zusätzlich erweitert.
Das Problem betrifft vor allem die Sommersaison, wenn sich Motorradfaher, Radfaher, Autos und Reisebusse die Straße teilen müssen. Wanderer, Kletterer und Mountainbiker klagen über den Lärm, der durch die Topographie der Berge entsprechend widerhallt, und die Emissionen, die die motorisierten Fahrzeuge ausstossen.
Schon seit mehr als 10 Jahren bemüht sich die Region um eine Lösung, den Verkehr nachhaltiger zu gestalten. Hier wurden im Laufe der Diskussion, die drei Paramter Landschaft, Lebensraum und Wirtschaft, die für eine nachhaltige Lösung zu berücksichtigen sind, sichtbar. Während eine Sperre der Straße für den Bereich Wirtschaft nicht in Frage kommt, ist es für den Bereich Landschaft zu wenig, es so zu belassen, wie es ist. Die Bewohner pochen bei einer Sperre auf den Erhalt der Alltagsmobilität, die jedoch auch bei einer Sperre ohnehin nicht ausser Frage steht. Alle Bemühungen, den Verkehr zu reduzieren sind immer gescheitert, da einer der oben erwähnten drei Parameter benachteiligt wurde und dadurch letztendlich kein Konsens gefunden werden konnte.
WORKSHOPVERFAHREN
Mit dem Anlass der Revision der UNESCO Welterbestätten in den Dolomiten 2015 wurde vom Bürgermeister in Wolkenstein, Roland Demetz, eine Kommission in Leben gerufen und somit ein neuer Versuch gestartet, eine Lösung zu finden. In einem dreiphasigen Workshopverfahren, das von bad architects begleitet wird, wurden im ersten Workshop die Ziele und Visionen für die gesamte Sellaronda und die Ziele der drei Parameter (Landschaft, Wirtschaft und Lebensraum) definiert. „Der Stellenwert der Pässe muss verbessert werden. Die Pässe haben mehr verdient“. Im zweiten Workshop wurden Szenarien und Maßnahmenpakete definiert, deren Zielerreichung mit Hilfe einer Wertematrix überprüft wurde. Die Maßnahmenpakete umfassten Maßnahmen in den identifizierten Handlungsbereichen Mobilitätsrestriktionen, Alternativen für den MIV (E-Mobilität) und öffentlicher Verkehr. Dadurch wurden die Auswirkungen der Maßnahmen auf einen Blick erfassbar und es wurde ersichtlich, dass restriktive Maßnahmen der Mobilität immer negative Auswirkungen auf den Parameter Wirtschaft haben und der Kreislauf der eingangs erwähnten drei Parameter Landschaft, Lebensraum und Wirtschaft gestört wird. Dadurch wurde allen Kommissionsmitgliedern bewusst, dass ein neuer Weg gegangen werden muss und eine ganzheitliche Lösung gefunden werden sollte.
DER NEUE WEG
Der neue Weg betrachtet nicht nur die Mobilität alleine, sondern auch ein zusätzliches Element, das wir unter dem Begriff „Erlebnis“ zusammengefasst haben. So soll durch die Verbesserung des touristischen Angebots und die Erschließung neuer Zielgruppen (LOHAS, Familien etc.) ein Ausgleich zu den restriktiven Mobilitätsmaßnahmen geschaffen werden. Zum Bereich „Erlebnis“ wird z.B. die Verbesserung der Aufenthaltsqualität des öffentlichen Raums auf den Pässen, die Einführung eines Besucher- und Parkleitsystems, die Verbindung der Seilbahnanlagen, die auch im Sommer in Betrieb sind, mit Wanderwegen (Umrundung der Sellaronda auch im Sommer), die Unterstützung der Fortbewegung mit dem Fahrrad (Radweg entlang der Passstraße) etc. gezählt. Koppelt man die Maßnahmen der Mobilität mit denen des „Erlebnis“, ist ersichtlich, dass bei restriktiven Mobilitätsmaßnahmen, diese durch Maßnahmen im Bereich „Erlebnis“ wieder ausgeglichen werden können und in Summe das Ergebnis positiv zu bewerten ist.
Daraus ist auch ersichtlich, dass restriktiven Maßnahmen im Bereich Mobilität nur durch ausgleichende Maßnahmen aus dem Bereich „Erlebnis“ konsensfähig sind. Es ist daher zu empfehlen gleichzeitig oder besser noch VORHER mit den ausgleichenden Maßnahmen im Bereich „Erlebnis“ und alternativen Mobilitätsangeboten zu beginnen und erst DANACH die restriktiven Maßnahmen im Bereich Mobilität zu implementieren, um die Unterstützung der Unternehmer auf den Pässen zu erhalten und damit die drei Parameter Lebensraum, Landschaft und Wirtschaft gleich zu behandeln.
ALTERNATIVE MOBILITÄTSANGEBOTE
Im Bereich Mobilität lässt sich abseits der Ristriktionen viel bewegen: die Erhöhung der Frequenz des ÖV, die Einführung von Elektro-Minibussen, die Erhöhung der Verleihstandorten von E-Bikes, E-Motorrädern und E-Autos mit entsprechender Ladestation-Infrastruktur auf den Pässen und entlang der Passstraße. Zusammengefasst sind das unterstützende Maßnahmen, um für den MIV eine Alternative anzubieten und dadurch den Lärm und die Emissionen zu verringern. Die Sellaronda könnte sich als Eco-Park definieren, als Innovationsszentrum für Alternativmobilität, da die Passstraßen als Herausforderung für E-Mobile (Bus, Auto, Motorrad, Fahrrad) gelten. „Was E-Mobile in den Dolomiten schaffen, schaffen sie überall“.
ERGEBNIS DES SZENARIOS FÜR DIE PÄSSE
Nach dem dreistufigen Workshopverfahren ist die Kommission in Wolkenstein zum einstimmigen Ergebnis gekommen, dass die Einführung einer Videomaut, die auch in weiterer Folge mit einem innovativen Kontingentkonzept gekoppelt werden kann, im Bereich Mobilität als mittelfristige Hauptmaßnahme anzupeilen ist.
Das Gesamtpaket umfasst insgesamt ein schlagkräftiges Szenario, um die Destination so gestalten, dass die drei Parameter Landschaft, Lebensraum und Wirtschaft gleichermaßen berücksichtigt werden.
Das Szenario umfasst folgende Maßnahmen aus den Bereichen restriktive Mobilität, alternative Mobilität, öffentlicher Verkehr und „Erlebnis“ („Experience Design“):
Community Development
The four Dolomite passes around the Sella massif have long been important connections between the valleys of Val Gardena, Val Gardena, Val di Fassa as well as Arabba and Cortina d’Ampezzo.
The lively (trade) exchange is also reflected in the development of the (Dolomite) Ladin language island with five Ladin-speaking valleys around these 4 Dolomite passes, which is summarized as „Sellaladin“.
The connection between the valleys and villages, which was initially managed on foot or with pack animals, was developed as a road in the mid-19th century and has since developed into a mountain pass.
Commune di Selva di Val Gardena / Gemeinde Wolkenstein in Gröden
FXA & QNA, Elisabeth an der Lan, Clemens Steininger, Valentina Mena, Christoph Wanner, Martina Mikocziova
2015
With increasing motorization on the one hand and the economic boom on the other hand, which together with the construction of the lifts made mass tourism possible in the first place, the pass roads became important feeder routes to the winter sports resorts. With the increasing development of the Dolomites as a skiing and hiking paradise, which grew again due to the opening of the East in 1989 and the increased importance of the summer season, the road has reached its capacity limits in the main summer season or has already exceeded them. The designation of the Dolomites World Heritage sites around the Sella massif has further expanded the visitor potential.
The problem mainly affects the summer season, when motorcyclists, cyclists, cars and coaches have to share the road. Hikers, climbers and mountain bikers complain about the noise that echoes through the topography of the mountains and the emissions that motorized vehicles emit.
For more than 10 years, the region has been trying to find a solution to make traffic more sustainable. Here, in the course of the discussion, the three parameters landscape, living space and economy, which have to be taken into account for a sustainable solution, became visible. While blocking the road is out of the question for the business sector, it is not enough for the landscape sector to leave it as it is. In the event of a block, the residents insist on maintaining everyday mobility, which is not out of the question anyway, even with a block. All efforts to reduce traffic have always failed because one of the three parameters mentioned above was disadvantaged and ultimately no consensus could be found.
WORKSHOP PROCESS
With the occasion of the revision of the UNESCO World Heritage sites in the Dolomites in 2015, the mayor of Selva, Roland Demetz, set up a commission and thus started a new attempt to find a solution. In a three-phase workshop process, which is accompanied by bad architects, the goals and visions for the entire Sellaronda and the goals of the three parameters (landscape, economy and living space) were defined in the first workshop. “The importance of passes needs to be improved. Passports deserve more.“ In the second workshop, scenarios and packages of measures were defined, the achievement of which was checked using a value matrix. The packages of measures included measures in the identified action areas of mobility restrictions, alternatives to private motorized transport (e-mobility) and public transport. This made it possible to see the effects of the measures at a glance and it became clear that restrictive mobility measures always have negative effects on the economy parameter and that the cycle of the three parameters landscape, living space and economy mentioned at the beginning is disrupted. This made all commission members aware that a new path had to be taken and that a holistic solution had to be found.
THE NEW WAY
The new path not only considers mobility alone, but also an additional element that we have summarized under the term „experience“. The aim is to compensate for the restrictive mobility measures by improving the tourist offer and opening up new target groups (LOHAS, families, etc.). The „experience“ area includes, for example, improving the quality of stay in the public space on the passes, introducing a visitor and parking guidance system, connecting the cable cars, which are also in operation in summer, with hiking trails (circumnavigation of the Sellaronda also in summer), support for getting around by bicycle (cycle path along the pass road) etc. counted. If one couples the measures of mobility with those of „experience“, it is evident that with restrictive mobility measures, these can be compensated for by measures in the area of “experience“ and overall the result can be rated positively.
It is also evident from this that restrictive measures in the area of mobility can only be achieved through compensatory measures from the area of “experience“. It is therefore advisable to start with the compensatory measures in the area of “experience“ and alternative mobility offers at the same time or better BEFORE and only AFTER implementing the restrictive measures in the area of mobility in order to receive the support of the entrepreneurs on the passes and thus the three Treat habitat, landscape and economy parameters equally.
SCENARIO RESULT FOR THE PASSES
After the three-stage workshop process, the commission in Selva came to the unanimous conclusion that the introduction of a video toll, which can also subsequently be coupled with an innovative contingent concept, should be aimed at as a medium-term main measure in the area of mobility. The overall package includes a powerful scenario to design the destination in such a way that the three parameters of landscape, living space and economy are taken into account in equal measure.
The scenario includes the following measures from the areas of restrictive mobility, alternative mobility, public transport and “Experience Design”:
– Comprehensive noise and speed controls to reduce noise and emissions (“Vigilius” system or alternative systems)
– Parking guidance system and efficient parking space management on the passes
– Rental stations for e-bikes, e-motorcycles and e-cars in the valleys with charging stations on the passes, all parking lots and starting points along the passes
– E-minibuses or Euro 6 buses as on-call buses for hikers (similar to „valley buses“ in Austria)
– Increase in the frequency of public transport
– Visitor management according to target groups and attractions
– Master plan and guidelines for upgrading the passes, upgrading the tourist offer and public space on the passes
– Product development „Sellaronda Park“ (working title)
– Sellaronda circular hiking trail, which allows hiking around the Sellaronda in summer by connecting the mountain stations of the cable cars with hiking trails (expansion in several phases)
– Feel-good management for visitors, e.g. public toilets, refreshment stations, etc.
– Creation of points for self-presentation
– Workshop procedures to coordinate with the entrepreneurs on the passes and stakeholders from Corvara, Arabba and Canazei
– Video toll system for the use of the roads and noise emission Dolomite passes Sella Pass, Gardena Pass, Passo Pordoi and Passo Campolongo
– Upgrading of the public space on the passes („Shared Space“) to improve the quality of stay and increase the length of stay on the passes
– Construction of toll terminals in Plan de Gralba, Lupo Bianco, Corvara and Arabba
– Construction of vantage points on the passes and along the pass road
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